"Der Ausmister". Le ministre du Travail et de l'Emploi au sujet de la situation sur le marché de l'emploi

Revue: Herr Minister, die Arbeitslosigkeit ist im März und April um je 3,7 Prozent gesunken, die Zahl der Stellenangebote gestiegen. Eine Trendwende?

Nicolas Schmit: Dass die Arbeitslosigkeit zurückgeht, ist jedenfalls ein positives Signal. Ob es eine Wende ist, wage ich noch nicht zu behaupten.

Revue: In welchen Bereichen hat sich der Arbeitsmarkt erholt?

Nicolas Schmit: Wo Stellen abgebaut wurden, wird wieder eingestellt oder zumindest keine weiteren gestrichen. Das gilt für den Finanzsektor, aber auch für die Industrie. Goodyear stellt zum Beispiel 120 neue Leute ein.

Revue: Ist Kurzarbeit noch nötig?

Nicolas Schmit: Sie geht stark zurück. Einige Firmen melden noch aus Vorsicht welche an. Die Kurzarbeit hat sich als Mittel gegen die Arbeitslosigkeit bewährt, um die konjunkturelle Krise abzufedern. Ohne sie hätten wir tausende Arbeitslose mehr. Das hätte soziale Probleme mit sich gebracht. So konnten wir aber die Beschäftigten in den Betrieben halten. Nun zeigt sich, dass sie nach wie vor gebraucht werden.

Revue: Es gibt zunehmend befristete Arbeitsverhältnisse, die vom Staat finanziert werden.

Nicolas Schmit: Wir müssen deshalb die speziellen Maßnahmen überprüfen und überlegen, ob es auch andere Lösungswege gibt. Ich bin überzeugt, dass man nicht automatisch Arbeit subventionieren muss, sondern nur, wenn es absolut notwendig ist. Ziel ist es, von der Subventionierung der Arbeit wegzukommen. Wenn ein befristetes Beschäftigungsverhältnis erlaubt, jemanden schneller auf den Arbeitsmarkt zu bekommen, dann ist der Weg richtig. Aber befristete Verträge dürfen nicht zur Regel werden.

Revue: Sie sind aber schon zur Regel geworden.

Nicolas Schmit: Nein, in Luxemburg ist die Regel nach wie vor der unbefristete Kontrakt. Aus befristeten Verhältnissen, die vom Staat subventioniert werden, sind zu 40 Prozent unbefristete geworden. Wir müssen nur die Nachbetreuung verbessern. Die ist noch nicht so, wie ich sie mir vorstelle. Weil wir weniger Geld zur Verfügung haben, müssen wir das Geld gezielter ausgeben und den Impakt der Maßnahmen analysieren. Und wir brauchen eine Adern, die funktioniert.

Revue: Was momentan nicht der Fall ist. Die Adem soll reformiert werden.

Nicolas Schmit: Wir sind schon dabei. Nach dem Sommer wird dazu ein Gesetzesprojekt auf den Weg geschickt.

Revue: Auf einen Arbeitsvermittler kommen zurzeit 600 bis 700 Anträge. Die Arbeitslosigkeit wird nur verwaltet. Sie wollen 40 neue einstellen und drei neue Büros eröffnen. Reicht das aus?

Nicolas Schmit: Die Reform muss auf drei Niveaus stattfinden. Das erste sind neue Leute, die aber nicht nur die Arbeitslosigkeit verwalten. Unser Ziel ist eine aktive Beschäftigungspolitik. Die aktuellen Ressourcen werden nicht optimal eingesetzt. Wir sind dabei, jeden Posten bei der Adem zu überprüfen. Zweitens brauchen wir neue Büros, weil die bestehenden überlastet sind. Für mich ist unverständlich, dass die Luxemburger Zentrale kein eigenständiges Büro ist, sondern eine Mischung aus Direktion und Agentur. Im Herbst werden die drei neuen Büros anfangen. Dritter Punkt ist eine Neuorganisation der Adem von innen und eine neue Gouvernance mit neu definierten Verantwortungsbereichen.

Revue: Also eine neue Spitze.

Nicolas Schmit: Die wird neu organisiert.

Revue: Was ist an dem Gerücht dran, dass ihr Kabinettschef Christophe Schiltz neuer Adem-Direktor wird?

Nicolas Schmit: Das ist Blödsinn. Viel wichtiger ist die Aus- und Weiterbildung der Arbeitsvermittler in der Adem. Es reicht nicht, dass man gleich nach dem Sekundarschulabschluss als Berater anfängt. Die Vermittler müssen denjenigen, die sie betreuen, eine neue Arbeit vermitteln. Dazu gehört, dass sie die Leute besser kennen und ihre Fähigkeiten identifizieren. Zudem soll den Arbeitsuchenden geholfen werden sich weiterzubilden. Und die Kontakte mit den Betrieben müssen verbessert werden. Die Adem muss stärker auf die Wirtschaft zugehen. Nicht zu vergessen ist auch die Erneuerung der Informatik. Die ist bei der Adem völlig veraltet.

Revue: Sie streben an, dass die Adem enger mit Leiharbeitsagenturen zusammenarbeiten soll. Ist das nicht eine Kapitulation?

Nicolas Schmit: So würde ich das nicht bezeichnen. Besonders jetzt, da die Wirtschaft wieder langsam anzieht, stellen viele Betriebe nicht sofort ein, sondern greifen zuerst auf Interimsfirmen zurück.

Revue: Also prekäre Arbeitsverhältnisse.

Nicolas Schmit: Ja, prekäre Arbeitsverhältnisse im Interimsbereich. Ich kann dies allerdings den Betrieben nicht verbieten. Sie stellen entweder jemanden interim ein oder gar nicht. Nach einer gewissen Zeit, wenn sich die Konjunktur weiter verbessert, finden viele über die Leiharbeit wieder eine feste Stelle. Die Leiharbeitskräfte sind die ersten, die abgebaut, aber auch wieder eingestellt werden.

Revue: Was konnte das Jobforum 50+ für ältere Arbeitslose bewirken?

Nicolas Schmit: Ich habe noch keine definitiven Resultate. Es scheint aber sehr positiv gewesen zu sein. Allerdings hatten wir das auf die Beschäftigungsinitiativen beschränkt und Betriebe eingeladen, die sich jedoch zurückhielten. Das bedauere ich.

Revue: Die Beschäftigungsquote bei 50- bis 60-Jährigen liegt bei mageren 37 Prozent. Der Vorruhestand war ein bewährtes Mittel. Hat er ausgedient?

Nicolas Schmit: Wir müssen ihn überdenken. Er ist notwendig für jene, die eine körperlich schwere Arbeit geleistet haben. Wir können nicht auf der einen Seite über die Konsolidierung der Pensionssysteme und über eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit nachdenken und auf der anderen Beschäftigte in den Vorruhestand schicken. Dabei ist aber auch die Verantwortung der Betriebe gefragt.

Revue: Von den Betrieben wird stets die Wettbewerbsfähigkeit ins Spiel gebracht.

Nicolas Schmit: Sicher haben wir neben konjunkturellen Schwierigkeiten das Problem der strukturellen Arbeitslosigkeit. Die ist hauptsächlich auf die schlechte Qualifizierung vieler Arbeitsloser zurückzuführen. Fast die Hälfte der Menschen ohne Arbeit hat überhaupt keine Ausbildung, 40 Prozent der Jugendlichen. Im offenen Arbeitsmarkt haben sie viele Schwierigkeiten.

Revue: Die Arbeitgeber schlagen aber auch wegen der hohen Lohnkosten Alarm und zielen dabei auf den Index.

Nicolas Schmit: Ich bestreite nicht, dass wir unsere Lohnkosten im Griff behalten müssen. Wenn die Inflationsrate aus dem Ruder läuft, wird das ein Problem. Aber alles immer wieder auf diesen Punkt zu bringen, ist zu einfach. Konkurrenzfähigkeit besteht aus vielen Faktoren. Die ganze Index-Frage ist eine ideologische Diskussion geworden. Wir müssen dies objektiver, sachlicher betrachten.

Revue: Sachlicher wäre eine Diskussion über den Index-Warenkorb.

Nicolas Schmit: Die liegt auf dem Tisch. Darüber müssen wir auch diskutieren.

Revue: Wird die Index-Frage bei der nächsten Tripartite wieder zur Zerreißprobe für die Koalition?

Nicolas Schmit: Nein. Wir dürfen nur die Diskussion um den Index nicht zum alleinigen Punkt machen und alle unsere Rucksäcke mit dem Index füllen. Außerdem hat der Index nicht nur negative Seiten. Er kann aber nur so lange funktionieren, wie er nicht ein Gefälle im Vergleich zu dem Ausland schafft, was die Löhne anbelangt. Wir müssen, wie gesagt, sachlicher werden. Darüber sind wir uns alle, inklusive die Gewerkschaften, im Klaren.

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