"Pas de détente", Nicolas Schmit au sujet de la situation du marché de l'emploi luxembourgeois.

Luxemburger Wort: Nach einem Höchststand im Februar ist die Zahl der Arbeitslosen in den letzten Monaten leicht zurückgegangen. Ist der Rückgang nur saisonal bedingt, oder gibt es eine echte Trendwende auf dem Arbeitsmarkt?

Nicolas Schmit: Bis Mai ging die Arbeitslosigkeit kontinuierlich zurück. Im Juni und auch im Juli mussten wir dann wieder einen leichten Anstieg feststellen. Der wirtschaftliche Aufschwung wirkt sich also noch nicht wirklich auf den Arbeitsmarkt aus. Lediglich bei der Kurzarbeit zeichnet sich eine positive Entwicklung ab. Für September haben nur noch 53 Betriebe Kurzarbeit beantragt, im Juli waren es noch 78. Von einer wirklichen Trendwende am Arbeistmarkt kann zur Zeit noch nicht die Rede sein. Ich glaube übrigens nicht, dass die Trendwende schnell kommen wird. Wir werden in der unmittelbaren Zukunft kaum zu den Ergebnissen zurückkehren, die wir vor der Krise gewohnt waren. Die Arbeitslosigkeit in Luxemburg ist nämlich in hohem Maße strukturell bedingt. In den nächsten Monaten rechne ich sogar weiter mit einem leichten Anstieg. Das ist insofern normal, als im Herbst immer besonders viele jugendliche Schulabgänger auf den Arbeitsmarkt drängen.

Luxemburger Wort: Die Maßnahmen gegen die Jugendarbeitslosigkeit wurden im vergangenen Herbst überarbeitet. Zeichnen sich Erfolge ab?

Nicolas Schmit: Die Jugendarbeitslosigkeit bereitet mir in der Tat große Sorgen. Vom CIE-EP, der bei der Reform neu hinzukam, und der sich vor allem an hochqualifizierte Schulabgänger wendet, profitierten im Juli nur 100 Jugendliche. Das ist in der Tat nicht viel. Doch die niedrige Zahl lässt hoffen, dass die meisten Jugendlichen mit Diplom weiterhin einen Job auf dem ersten Arbeitsmarkt finden. Weniger optimistisch stimmen die Zahlen beim CAE und beim CIE. Von einem "contrat appui-emploi" profitierten im Juli 213 Jugendliche, beim "contrat d'initiation emploi" waren es 753. Das sind wesentlich mehr als noch vor einem Jahr. Die Maßnahmen sind also insofern erfolgreich, dass viele Jugendliche auf dem Weg doch noch eine Beschäftigung finden. Es ist aber kaum feststellbar, ob diese Jugendlichen ohne die Maßnahmen alle arbeitslos wären, oder ob sie doch noch einen Arbeitsplatz finden würden. Deshalb ist es auch wichtig, dass die Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit hin überprüft werden. Die Überprüfung läuft, doch das braucht seine Zeit. Eins ist aber jetzt schon klar. Die Jugendlichen, die von den einzelnen Maßnahmen profitieren, müssen besser begleitet werden. Dies gilt vor allem für diejenigen, die einen CAE- Vertrag haben, weil hier die Aussicht, dass sie nach dem Ende der Maßnahme in dem Arbeitsverhältnis bleiben können, nicht besteht.

Luxemburger Wort: Auch wenn die Arbeitslosigkeit im Frühjahr etwas zurückging, sind heute mehr Erwerbslose bei der Adern registriert als noch vor einem Jahr. Wo sind die knapp 900 Arbeitsplätze abgeblieben?

Nicolas Schmit: Die Frage lässt sich nur schwer beantworten. Auf der einen Seite stieg die Zahl der Arbeitslosen innerhalb eines Jahres um etwa 850 Personen. Gleichzeitig stieg aber auch die Gesamtbeschäftigung um mehr als 8 000 Jobs. Die Differenz lässt sich nicht allein dadurch erklären, dass wieder mehr Grenzgänger ins Land kommen. Zwischen Juli 2009 und Juli 2010 stieg ihre Zahl nämlich nur um 4 000. Wir müssen uns einfach bewusst werden, dass die Bevölkerung in Luxemburg wächst. Hauptgrund ist die Zuwanderung. Eines der Probleme, mit dem wir konfrontiert sind, ist die Tatsache, dass wir unseren Arbeitsmarkt nicht gut genug kennen. Es gibt Fragen, auf die wissen wir keine Antwort. Das "réseau d'étude de l'emploi, du travail et de l'immigration", in dem der Statec, die Adern, die Universität, die Sozialversicherungen und das Immigrationsministerium zusammenarbeiten, soll nun Abhilfe schaffen und detaillierte Daten liefern. Denn nur wenn wir genügend Informationen haben, können wir die einzelnen Maßnahmen gezielt einsetzen. Wir wissen beispielsweise im Moment einfach nicht genug über die Jobs, die verschwinden und über die Jobs, die hinzukommen. Wir kennen vielleicht noch die Zahlen, wir wissen aber nicht was sich dahinter verbirgt. Zum Beispiel: Wenn wir wollen, dass die berufliche Orientierung besser funktioniert, müssen wir den Arbeitsmarkt genau kennen. Wir müssen die Initiative über den Arbeitsmarkt zurückgewinnen. Dies ist umso wichtiger, weil die Beschäftigung in absehbarer Zeit nicht so schnell wachsen wird, wie vor der Krise.

Luxemburger Wort: Bei der Adern gibt es einige Neuerungen. Drei Filialen sind in Planung und zusätzliche Mitarbeiter wurden eingestellt. Das allein wird aber nicht reichen, wenn das Arbeitsamt mit den wachsenden Herausforderungen fertig werden soll. Wie geht es nun weiter?

Nicolas Schmit: Wenn die Adern den Herausforderungen des sich ändernden Arbeitsmarktes gerecht werden will, brauchen wir einen Mentalitätswechsel. Wir brauchen eine neue Philosophie. Mit einem neuen Gesetz allein, ist es nicht getan. Das Arbeitsamt muss sich als echter Dienstleister begreifen. So müssen die neuen Mitarbeiter optimal eingesetzt werden, damit sie die Erwerbslosen ganz gezielt betreuen können. Ich werde es nicht mehr länger hinnehmen, dass die Arbeitslosen einfach in einen Betrieb geschickt werden, auch wenn die Stelle ihrem Profil nicht entspricht. "Angebot" und "Nachfrage" müssen optimal auf einander abgestimmt werden. Wichtig ist auch, dass der Beruf des Vermittlers wieder aufgewertet wird und dass ihre Arbeitsbedingungen verbessert werden. Dazu zählt auch, dass sie eine spezielle Ausbildung erhalten, das gilt sowohl für die neuen als auch für die angestammten Mitarbeiter. Nicht umsonst müssen in Deutschland die Arbeitsvermittler erst einmal eine dreijährige Ausbildung absolvieren. Dann muss die Adern aber auch stärker branchenorientiert arbeiten. Die Zusammenarbeit mit den einzelnen Sektoren muss gefördert werden. Gute Resultate gibt es bereits im Finanzsektor, und auch in der Baubranche tut sich etwas, und im Handel gibt es gute Ansätze. Wir müssen stärker auf die Wünsche und Bedürfnisse der Branchen eingehen. Wenn es uns nicht gelingt, die Adern flexibler zu gestalten, bekommen wir spätestens 2012 Probleme. Dann wird der Arbeitsmarkt der Großregion nämlich Realität. In zwei Jahren hat jeder Arbeitnehmer, der in Luxemburg gearbeitet hat, nicht nur das Recht, sich bei der Adern registrieren zu lassen, sondern er kann auch auf all ihre Dienstleistungen zurückgreifen.

Luxemburger Wort: Knapp ein Viertel der Arbeitslosen befinden sich in der Prozedur des "reclassement externe", Tendenz steigend. Wie wollen Sie dieses Problem lösen?

Was die berufliche Wiedereingliederung anbelangt, arbeite ich eng mit meinem Kollegen Mars Di Bartolomeo zusammen. Ich hoffe, dass wir noch in diesem Herbst den entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen können. Das aktuelle Gesetz schafft nämlich nicht unbedingt einen Anreiz, einen neuen Job anzunehmen, obwohl viele der Betroffenen noch durchaus dazu in der Lage wären. Wir müssen erst einmal genau analysieren, wer noch über welche Fähigkeiten verfügt. Es gibt natürlich Fälle, in denen kaum noch Aussichten bestehen, dass die Betroffenen je einen anderen Job finden werden. Für sie muss man eine Lösung finden, ich denke da an eine Art Invalidenrente. Die anderen, die durchaus noch arbeitsfähig sind, etwa ein 35-jähriger Bäcker mit einer Mehlallergie, müssen wieder in den Arbeitsmarkt integriert werden. Und auch hier ist die Adern gefordert.

Luxemburger Wort: Sie haben jüngst darauf hingewiesen, dass es uns langfristig gelingen muss, die Menschen länger am Arbeitsmarkt zu halten. Ist dies nicht in Zeiten von hoher Arbeitslosigkeit schwer zu vermitteln?

Nicolas Schmit: Zum einen muss man bedenken, dass die luxemburgische Wirtschaft nach wie vor Arbeitsplätze schafft, die Beschäftigung geht nicht zurück. Dann müssen wir aber auch die Entwicklung bei den Renten im Auge behalten. Wenn wir weiterhin so viele Menschen in Frührente schicken, wird ein Gleichgewicht bei den Rentenkassen nicht zu halten sein. Das soll aber nicht heißen, dass es in Zukunft keine Frührente mehr geben wird. Die Frührente steht nicht zur Debatte! Genau so wenig wie das Rentenalter mit 65 Jahren. Menschen, aber auch Betriebe, die auf die Frührente angewiesen sind, werden auch in Zukunft diese Maßnahme in Anspruch nehmen dürfen. Allerdings müssen wir die Frührente gezielter einsetzen. Zurzeit sind nur 38 Prozent der Arbeitnehmer im Alter zwischen 55 und 65 Jahren noch aktiv. In Frankreich sind es 40 Prozent, in Deutschland 56 und in Schweden sind es 70 Prozent. Gleichzeitig werden die Menschen immer älter. Wir müssen das Problem also möglichst schnell angehen. Ich will es im Herbst mit den Sozialpartnern diskutieren. Dass die Menschen länger arbeiten, darf kein Tabu sein.

Luxemburger Wort: Falls es im Herbst zu einer Neuauflage der Tripartitc kommt, kommt dann das Thema Beschäftigung wieder auf die Tagesordnung?

Nicolas Schmit: Wie auch immer es weiter geht, eins steht fest: Der Sozialdialog muss weitergehen, denn es gibt genügend Gesprächsstoff. Auch wenn sich die Fronten verhärtet haben. Unter welcher Form er weiter geht, ist mir eigentlich egal. Es muss nicht unbedingt die Tripartitc sein, denkbar ist auch, dass wir die Gespräche im Rahmen des "Comité permanent de l'emploi" weiterführen.

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