"Prospektiv handeln", Nicolas Schmit au sujet du chômage des jeunes et de la réforme de l'ADEM

Martina Folscheid: Fünf Millionen arbeitslose Jugendliche in der EU, über 2.000 Heranwachsende ohne Job in Luxemburg - sind die Jugendlichen die Verlierer der Wirtschaftskrise?

Nicolas Schmit: In ganz Europa haben momentan die jungen Menschen, besonders die, die jetzt auf den Arbeitsmarkt drängen, große Probleme, einen Job zu finden. Ich sehe aber momentan noch nicht klar, wie sich die Situation hierzulande gestaltet. Die Zahl der jungen Arbeitslosen erhöht sich. Es gibt aber noch keine genauen Zahlen, was die Schulabgänger betrifft, weil die sich oft nicht sofort bei der Adem einschreiben. Aber ich fürchte, dass wir da nicht fundamental abweichen von dem, was in den meisten europäischen Ländern der Fall ist. Ein Problem, das dabei ist zu entstehen, sind junge Menschen mit Ausbildung, die eine Stelle suchen. Ich rede hier nicht von Jugendlichen ohne Qualifikation - mit denen hatten und haben wir ein massives Problem, und jetzt noch stärker durch die Krise... Aber auch für die jungen Arbeitssuchenden, die einen Abschluss haben, ob Sekundärabschluss, Lehre oder auch Universitätsdiplom, wird es schwieriger.

Martina Folscheid: Befürchten Sie, dass auch in Luxemburg eine "Generation Praktikum" entsteht? Junge Menschen mit Diplom, die sich Monate oder gar Jahre mit schlechtem Gehalt und einer 50- oder mehr- Stunden-Woche abstrampeln, in der Hoffnung, eine Festanstellung zu ergattern?

Nicolas Schmit: Den Trend, die Berufskarriere mit jahrelangen Praktika, mit Prekarität, ohne solide, feste Arbeitsstelle zu beginnen, wollen wir auf jeden Fall vermeiden. Das ist nicht der richtige Weg, auch nicht für die Unternehmen. Aber wir befinden uns in einer Zeit, in der viele Unternehmen niemanden einstellen. Oder auch nicht die Möglichkeit dazu haben, weil hierzulande viele Filialen von ausländischen Unternehmen nicht selber entscheiden, sondern ein Personalbudget vorgeschrieben bekommen! Neben jenen, die keinen Abschluss haben, drängen nun Absolventen auf den Arbeitsmarkt, die über eine Ausbildung verfügen und die trotz allem keinen Job finden. Das ist umso dramatischer. Und denen müssen wir helfen, schnell, breit angelegt. Das kann natürlich nur dann funktionieren, wenn die Wirtschaft mitspielt.

Martina Folscheid: Darum planen Sie einen Maßnahmenkatalog? Wie soll der aussehen?

Nicolas Schmit: Wir möchten die Maßnahmen, die bereits existieren, an die Krisensituation anpassen. Wir befinden uns in einer Konjunkturkrise, von der ich hoffe, dass sie zeitlich begrenzt ist. Darum müssen wir auch Maßnahmen schaffen, die zeitlich begrenzt sind, um die Gefahr des dauerhaften Praktikums zu vermeiden. Es darf nicht sein, dass wir eine Kategorie von billig bezahlten Praktikanten kreieren, die aber im Endeffekt auch arbeiten.

Martina Folscheid: Was bedeutet das im Detail?

Nicolas Schmit: Die Maßnahmen an sich sind nicht fundamental anders als die, die wir jetzt schon haben. Das sind der "Contrat d'appui-emploi" und der "Contrat d'initiation à l'emploi", Verträge, die zeitlich begrenzt sind und größtenteils von staatlichen Fonds subventioniert werden. Was neu hinzu kommt, ist eine Kategorie besonders für Arbeitssuchende mit höheren Diplomen. Das Ganze nennt sich CIE EP, "Contrat d'initiation à l'emploi expérience pratique". Damit wollen wir Arbeitslose in den Arbeitsprozess versetzen, die normalerweise relativ einfach einen Job bekommen hätten, weil sie ein gutes Rüstzeug mitbringen, aber durch die derzeitigen Umstände Schwierigkeiten bekommen könnten.

Das Ziel ist, die Unternehmen dazu zu bringen, die Leute doch einzustellen, weil sie dafür unterstützt werden, weil ein großer Teil der Lohnkosten vom Staat übernommen wird. Übergeordnetes Ziel aber bleibt immer, aus den zeitlich befristeten Arbeitsverhältnissen ein nachhaltiges Arbeitsverhältnis zu schaffen, sobald die Konjunktur anläuft. Und dafür gibt es ja Anzeichen. Ich glaube, die nächsten zwölf bis 18 Monate werden noch schwierig: Die Wirtschaft wird sich zwar stabilisieren, aber der Arbeitsmarkt muss dies nicht reflektieren. Wir müssen versuchen, diese Zeit zu überbrücken, mit Maßnahmen, die zeitlich begrenzt sind, bis Ende 2010.

Martina Folscheid: An welche Zielgruppe richtet sich das "CIE expérience pratique"? Was meinen Sie mit höheren Diplomen? Einen Universitätsabschluss?

Nicolas Schmit: Ja, ich denke auch an Arbeitssuchende mit Universitätsdiplom. Ich denke an Schulabgänger mit Abitur, die sich normalerweise auf dem Arbeitsmarkt relativ gut und schnell platzieren könnten, die aber durch die Tatsache, dass wenig eingestellt wird, Schwierigkeiten bekommen.

Martina Folscheid: Wann werden die Maßnahmen starten?

Nicolas Schmit: Ich werde das Maßnahmenbündel, über das ich mich ausgiebig mit den Sozialpartnern beraten habe, dem Regierungsrat präsentieren und hoffe auf Zustimmung. Dann werden hoffentlich in den ersten beiden Wochen, wenn das Parlament wieder tagt, die Änderungen des Gesetzes angenommen. Das würde bedeuten, dass die Maßnahmen noch im Oktober definitiv stehen würden. Wir arbeiten im übrigen an einem speziellen Weg der Vermittlung, um es den Bewerbern zu vereinfachen, einen "CIE EP" zu erlangen, indem sie nicht den normalen Weg über das Arbeitsamt gehen müssen. Darum wollen wir eine Spezialeinheit kreieren, bei der einerseits die jungen Bewerber ihre Ausbildung und auf der anderen Seite die Unternehmen ihre Stellenangebote präsentieren können. Auf eine ganz unkomplizierte und einfache Art und Weise. Die Vorbereitungen sind im Gange und ich hoffe, dass das bis Mitte Oktober alles steht.

Martina Folscheid: Soll diese Spezialeinheit aus Mitarbeitern der Adem bestehen?

Nicolas Schmit: Ja, aber nicht nur. Auch der Service national de la jeunesse, das Erziehungsministerium, hauptsächlich auch Vertreter der Unternehmerverbände sowie die Berufskammern werden beteiligt sein. Wir brauchen eine allgemeine Mobilisierung.

Martina Folscheid: Wie wird die Entlohnung aussehen?

Nicolas Schmit: Die Bezahlung liegt zwischen dem Mindestlohn und dem Anderhalbfachen des Mindestlohns bei Hochqualifizierten. Das ist vielleicht leicht unter dem, was normalerweise bezahlt werden würde, es weicht aber nicht total von dem Einkommen ab, was Berufsanfängern normalerweise bezahlt wird.

Martina Folscheid: Was ist mit den Jugendlichen ohne Qualifikation?

Nicolas Schmit: Sie dürfen wir keinesfalls vergessen. Sie laufen ebenfalls Gefahr, Opfer dieser Krise zu werden. Sie hatten schon viel Schwierigkeiten vorher, und es ist klar, dass sie jetzt nicht weniger haben werden. Eher mehr. Ihre Ausbildung ist auch weiterhin ein wichtiges Ziel.

Martina Folscheid: Mit Instrumenten wie dem CAE und CIE, die es bereits gibt?

Nicolas Schmit: Wir wollen diese Instrumente verstärkt einsetzen, in die Maßnahmen ein verstärktes Augenmerk auf Qualifikation setzen.

Martina Folscheid: Was bedeutet das konkret? Soll die Ausbildung länger andauern, sollen die Inhalte sich ändern oder sollen noch mehr Beschäftigungsinitiativen hinzu kommen?

Nicolas Schmit: Ich würde nicht sagen, dass wir mehr Beschäftigungsmaßnahmen anbieten, aber wir müssen ganz einfach versuchen, ein Maximum von Jugendlichen durch die postschulischen Maßnahmen zu qualifizieren. Und auch da müssen wir auswerten: Wie sehen die Bedürfnisse aus? Welche Profile werden in den nächsten Monaten und Jahren gebraucht? Welche Unternehmen planen, Jobs zu schaffen? Wie lauten ihre Anforderungen? Wir müssen prospektiv handeln.

Martina Folscheid: Es soll also konkret auf die jeweiligen Anforderungen eines Betriebes reagiert werden?

Nicolas Schmit: Wenn ein Unternehmen bekannt gibt, dass es 50 oder 100 Arbeitsplätze schafft, dann muss man schnell reagieren. Dann muss es möglich sein zu versuchen, den nicht qualifizierten Jobsuchenden die nötige Qualifikation zu geben, damit sie fähig sind, die Arbeitsplätze zu besetzen.

Martina Folscheid: Oft hört man die Kritik, dass die Adem Arbeitslose nicht adäquat vermittelt. Entspricht das Ihrer Meinung?

Nicolas Schmit: Sicher ist, dass die Adem den neuen Anforderungen eines breit gefächerteren Arbeitsmarktes und einer Erhöhung der Arbeitslosigkeit nicht schnell genug nachkommt. Die Strukturen sind vielleicht nicht schnell genug angepasst worden. Es geht jetzt darum, das nachzuholen - was natürlich nicht einfach ist! Mir wäre es lieber gewesen, wir hätten in einer besseren Arbeitsmarktsituation die Adem reformiert, als es machen zu müssen, wenn der Druck auf die Adem groß ist. Aber nichts führt uns an der Reform vorbei.

Ich will die Reform machen, das ist eine von den ersten großen Baustellen hier im Ministerium. Ich will jetzt nicht die Schuld auf die Adem abwälzen, der Verantwortliche für die Adem ist der Arbeitsminister. Das heißt, wenn die Adem nicht gut funktioniert, dann besteht irgendein Problem im Ministerium. Ich sage das ganz offen und ohne Umschweife. Ich kann mich nicht monatelang hinter der Adem verstecken. Ich muss die Verantwortung hier übernehmen. Ich will das Instrument Adem fit für einen komplizierteren Arbeitsmarkt machen. Wir brauchen eine effiziente Adem.

Martina Folscheid: Machen Sie Ihrem Amtsvorgänger einen Vorwurf?

Nicolas Schmit: Ich mache niemandem einen Vorwurf, ich sage nur, dass ich mich nicht hinter der Adem verstecken kann. Sie fällt unter die Verantwortlichkeit des Arbeitsministeriums. Es gilt jetzt, das Instrument zu modernisieren, schnell. Und das werde ich machen. In einem offenen Geist, durch Beratungen mit allen Interessierten, mit den Sozialpartnern, aber auch mit den Beschäftigten der Adem. Also ich werde nicht der sein, der sagt "Wäre die Adem gut, dann hätten wir weniger Probleme".

Martina Folscheid: Was wollen Sie verändern? Bürokratie abbauen, ein häufig gehörter Vorwurf?

Nicolas Schmit: Bürokratiehindernisse abbauen, schneller reagieren, Prozeduren vereinfachen, verkürzen, unnötige abschaffen, eine wirklich dynamische, serviceorientierte Arbeitsmarktvermittlung organisieren. Die auf die Belange der Menschen eingeht, auch in enger Verbindung mit den Möglichkeiten der beruflichen Qualifizierung und natürlich in einer.engen Beziehung mit der Wirtschaftswelt. Es ist nicht die Adem, wie es auch nicht der Arbeitsminister ist, der Arbeitsplätze schafft. Das ist noch immer die Wirtschaft. Was wir tun können, ist, die Leute besser zu qualifizieren, zu orientieren. Ihnen dabei helfen, die Stellen zu bekommen, die in der Wirtschaft geschaffen werden.

Martina Folscheid: Wie fühlt man sich als frisch gebackener Arbeitsminister?

Nicolas Schmit: Gut. Haben Sie eine andere Meinung?

Martina Folscheid: Wir befinden uns in einer schwierigen Zeit. Denkt man da nicht manchmal, warum ausgerechnet diese Herausforderung...?

Nicolas Schmit: Also erstens war ich überrascht, als ich den Job bekommen habe. Aber ich muss sagen, ich habe mich in den paar Tagen, in denen ich jetzt hier bin, sehr angestrengt, um mich in das Gebiet einzuarbeiten. Ich habe gesehen, dass es eine große Baustelle ist, wo man noch viel machen kann. Und es ist schon etwas, was einen begeistert, ganz konkret im Dienste der Menschen zu stehen, besonders jener, die mit einem großen Problem beschäftigt sind, nämlich, keine Arbeit zu haben. Das ist eine persönliche Herausforderung. Und wie ich finde, eine spannende Aufgabe.

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