Interview von Nicolas Schmit im Luxemburger Wort

Ein Sparschwein für die Überstunden

Interview: Luxemburger Wort (Dani Schumacher)

Luxemburger Wort: Herr Minister Schmit, wieso hat es so lange gedauert, bis der Entwurf zu den Zeitsparkonten für die Privatangestellten endlich spruchreif war? 

Nicolas Schmit: Die Arbeitszeitkonten haben eine lange Vorgeschichte. Der Wirtschafts- und Sozialrat hatte bereits im Jahr 2004 ein Gutachten dazu erstellt. Daraufhin hat mein Vorgänger François Biltgen einen Vorentwurf ausgearbeitet, den ich schließlich 2010 auf den Instanzenweg geschickt habe. Doch der Text war umstritten. Ich habe die Sozialpartner deshalb gebeten, sich untereinander zu einigen. 
Doch die Verhandlungen führten nicht zum Erfolg. Ende letzten Jahres haben die Arbeitgeber und die Gewerkschaften mir mitgeteilt, dass sie keinen gemeinsamen Nenner finden würden. Daraufhin habe ich nach erneuter Rücksprache mit den Sozialpartnern einen Entwurf ausgearbeitet, der beiden Seiten möglichst gerecht wird. 

Luxemburger Wort: Welche Schwierigkeiten mussten Sie überwinden, was war so schwierig an den Dossiers? 

Nicolas Schmit: Arbeitszeitkonten gibt es schon heute, etwa im Finanzsektor. Die bestehenden Konten müssen vor dem Gesetz Bestand haben. Das ist für mich eine rote Linie. Ein Text, der die existierenden Konten aushebelt, kommt für mich nicht in Frage. Das wäre kontraproduktiv. 
Für mich stand zudem von Anfang an fest, dass kein Betrieb gezwungen werden kann, Arbeitszeitkonten zuzulassen. Umgekehrt kann aber auch kein Arbeitnehmer gezwungen werden, ein Konto einzurichten. 

Luxemburger Wort: Welche Bedingungen müssen erfüllt werden, damit Arbeitszeitkonten geschaffen werden können? 

Nicolas Schmit: Zeitsparkonten können im Rahmen der Kollektivverträge ausgehandelt werden, ob auf betrieblicher oder auf sektorieller Ebene spielt dabei keine Rolle. Bei den Betrieben, die keinen Kollektivvertrag haben, war es schwieriger, eine Lösung zu finden. Wir konnten uns schließlich auf einen Kompromiss einigen, der den Vorgaben des Gutachtens von 2004 recht nahekommt. Die Gewerkschaften und das Patronat können ein berufsübergreifendes Rahmenabkommen aushandeln, das die großen Linien festlegt. Wenn der Wunsch besteht, können die einzelnen Betriebe dann auf dieser Basis Arbeitszeitkonten einführen. 

Luxemburger Wort: Kann das persönliche Guthaben der Konten auf Wunsch auch ausbezahlt werden? 

Nicolas Schmit: Nein, bei den Arbeitszeitkonten handelt es sich um reine Zeitkonten. Dies ist der größte Unterschied zu dem Entwurf, den François Biltgen einst ausgearbeitet hatte. In dem Gesetzentwurf ist zudem klar definiert, welche Art von Arbeitszeit gutgeschrieben werden kann. Natürlich können Überstunden "eingezahlt" werden. 
Man kann aber auch zusätzliche Urlaubstage, die über das gesetzliche Minimum hinausgehen, zurückstellen. Der Text schreibt auch die Modalitäten für die Auszeit vor, die sich auf den Konten angesammelt hat. So muss der Antragsteller beispielsweise seinem Arbeitgeber rechtzeitig mitteilen, ab wann er eine Auszeit nehmen will. In Anlehnung an den öffentlichen Dienst haben wir uns auf eine Obergrenze von 1800 Stunden verständigt. Das entspricht ungefähr einem Jahr. 

Luxemburger Wort: Bei den Verhandlungen zwischen den Sozialpartnern wurde immer wieder über die Sicherheiten für die Arbeitgeber diskutiert ... 

Nicolas Schmit:... die Sicherheit war in der Tat einer der Knackpunkte. Die Absicherung war der Punkt, der schlussendlich zum Scheitern der Verhandlungen zwischen den Sozialpartnern geführt hat. Die Garantie war vor allem den Gewerkschaften ungeheuer wichtig. Die Arbeitsstunden, die der Angestellte angespart hat, haben natürlich einen monetären Wert. Der Angestellte muss eine Garantie haben, dass er diese Summe auch dann erhält, wenn der Betrieb Konkurs anmelden muss. Bei der Lösung haben wir uns am Bericht des Wirtschafts- und Sozialrats von 2004 orientiert. Der Gesetzentwurf hält fest, dass die Arbeitszeitkonten bei einer Betriebspleite absolute Priorität genießen, das heißt, der Kontoinhaber wird bedient, noch bevor alle anderen Gläubiger ihre Ansprüche geltend machen können. Er hat sogar Vorrang vor den Sozialversicherungen und der Steuerverwaltung. Es spielt also das sogenannte Superprivileg. Für den Fall, dass die verbleibenden Mittel nicht reichen sollten, um die Zeitsparkonten zu bedienen, springt der Beschäftigungsfonds ein wie bei den Lohnrückständen. Allerdings haben wir die Obergrenze, die zu Lasten des Fonds geht, von sechs auf acht Mal den Mindestlohn angehoben. Zwei Mindestlöhne dienen dazu, die Differenz auszugleichen. 

Luxemburger Wort: Wie geht es nun weiter? Rechnen Sie damit, dass der Entwurf zu den Arbeitszeitkonten noch vor den Wahlen verabschiedet werden kann? 

Nicolas Schmit: Ich habe den Entwurf bereits Mitte Mai im Beschäftigungsausschuss vorgestellt. Die Mitglieder haben parteiübergreifend Zustimmung signalisiert. Der Text wurde schließlich am 13. Juni im Parlament hinterlegt. Ich bin mir bewusst, dass das zeitlich sehr knapp werden wird.

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